
Der Flipchart steht erwartungsvoll in der Morgensonne, draußen spannt sich eine Slackline. Erste Teilnehmende sitzen mit Kaffee im Garten, einer versucht sich am Balancieren – vorsichtig, tastend, konzentriert. Ich beobachte ihn still. Und denke: "Genau das ist es. Führung im Sommer, Führung in der heutigen Zeit - zumindest ist es ein wichtiger Aspekt davon."
Ein Balanceakt. Kein Spurt. Keine Pose. Keine Formel.
LEADERSHIP IM SOMMERMODUS?
Die Sommermonate bringen oft eine andere Qualität in die Zusammenarbeit: Das Tempo ändert sich, manche Projekte laufen aus, andere werden vorbereitet. Keine Sommerpause – aber eine andere Gangart.
Und mittendrin: Führungskräfte, die vielleicht das erste Mal seit Monaten etwas durchatmen können, bilanzieren, nachdenken, planen.
Und dabei – oft unbewusst – genau das tun, was gute Führung ausmacht: Reflektieren. Nicht nur agieren.
In meinen Sommerseminaren erlebe ich meist genau das: Räume, in denen Menschen in Verantwortung wieder Zugang finden zu ihrer eigenen inneren Mitte. Zwischen Strategie-Meetings und Change-Programmen war sie manchmal einfach ein bisschen aus dem Blick geraten.
WAS HAT SLACKLINE MIT FÜHRUNG ZU TUN?
Mehr, als man denkt.
Gute Führung heute ist weder strikt noch angepasst.
Sie bewegt sich zwischen Gegensätzen, oft in externer Unsicherheit, tiefer Transformation und Disruption – wie auf einer Slackline. Und sie erfordert:
- Fokus – sonst fehlt der Zug zum Ziel (oder Tor 😉).
- Persönliche Zentrierung – sonst kippt man.
- Feinfühligkeit für Dynamiken – sonst steuert man zu grob.
- Und vor allem: die Bereitschaft, ständig kleine Justierungen vorzunehmen. Kein Schritt gleicht dem anderen.
DIE NEUE BALANCE IN DER FÜHRUNG
Was mich in meiner Arbeit immer wieder berührt: Menschen in Führungsrollen wollen heute nicht einfach „durchziehen“. Sie wollen wirksam sein, ohne sich selbst zu verlieren.
Und das ist möglich – aber nicht mit dem Werkzeugkasten von gestern.
„Leadership ist die Fähigkeit, Gegensätze auszuhalten – Stabilität und Wandel, Nähe und Distanz, Kontrolle und Vertrauen.“
— Prof. Dr. Peter Kruse (Organisationspsychologe und Vordenker für Komplexitätsmanagement)
Diese Spannungsfelder sind keine Störungen. Sie sind das Terrain, auf dem gute Führung stattfindet. Und wer sie bewusst navigiert, stärkt nicht nur sich selbst, sondern das gesamte Team.
Und wenn Sie möchten, habe ich eine kurze Zentrierungsübung für Sie mitgebracht:
1-MINUTE-FOKUS: "ANKOMMEN IM EIGENEN SCHWERPUNKT"
Diese kleine Übung lässt sich im Büro, im Hotelzimmer oder zwischen zwei Meetings anwenden – ohne Matte, ohne App, ohne großes Aufsehen. Nur Sie – und ein Moment zum Durchatmen.
ANLEITUNG:
Stellen Sie sich hin – auf beide Beine, schulterbreit. Nehmen Sie bewusst den Boden unter sich wahr.
(Geht auch im Sitzen – Hauptsache: aufrecht, wach, ohne Verkrampfung.)
Atmen Sie bewusst dreimal tief ein und aus.
Spüren Sie, wie der Atem kommt – und wieder geht. Lassen Sie den Bauch weich werden.
Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihre Körpermitte.
Der Bereich zwischen Bauchnabel und Brustbein. Hier ist Ihr innerer Schwerpunkt.
Fragen Sie sich innerlich (ohne zu bewerten):
– „Wie stehe ich gerade da – innerlich und äußerlich?“
– „Was trage ich gerade – und was kann ich einen Moment ablegen?“
Mit dem nächsten Ausatmen: Lassen Sie bewusst los, was Sie unnötig anspannt.
(Das Meeting vorhin. Die To-do-Liste. Die Bewertung.)
Dann nehmen Sie einen Satz wie diesen mit in den weiteren Tag:
„Ich bin in Bewegung – und in Verbindung mit meinem Zentrum.“
WIRKUNG:
Diese kurze Zentrierung aktiviert Ihr parasympathisches Nervensystem, schafft innere Ruhe, klärt den Blick und erinnert Sie: "Führung beginnt bei mir."
Wenn Sie diesen Sommer also mal keine Liste abarbeiten, sondern einfach zur Seite schauen, barfuß auf die Slackline steigen oder in einem Meeting eine Frage im Raum stehen lassen können, dann sind Sie vielleicht näher an guter Führung dran, als Sie denken.
Ich wünsche Ihnen inspirierende Sommertage – mit Luft, Raum und der richtigen Portion Leichtigkeit.
Ihre Birgit Allerstorfer
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